Manche nennen den Ort das böhmische Rothenburg an der Tauber, wegen seines Flairs. Vom nahegelegenen Karlsbad und seinem internationalen Ruf profitiert auch Loket. In dem wirklich kleinen Städtchen - 3.000 Einwohner - begegnen wir schon früh kurz nach Sechs chinesischen Touristengruppen, die am Markt fotografieren. Trotzdem wirkt das Leben in Lokets Pflastersteinstraßen nie hektisch. Und neben sächsischen Tagesbesuchern treffen wir etliche Bayern und Franken hier, denn die Stadt liegt von beiden Bundesländern gleich weit entfernt.
Das Mittelalterstädtel mit der gleichmütig dahinfließenden Eger und den lauschigen Wäldern lässt dich gut zur Ruhe kommen. Du kannst es auch mit einem Trip nach Cheb oder Wandertouren durch den Kaiserwald kombinieren.
Die Anreise
Von Dresden-Neustadt dauert die Zugfahrt nach Loket etwa fünf Stunden. Die knappen Anschlüsse in Tschechien funktionieren, die Züge warten aufeinander. Und die Fahrt wirkt wie eine Reise durchs böhmische Landleben: Vorbei an Dörfern mit weißgetünchten Kirchen und Kleingärten, aus denen Fleischtomaten rot durchs Pflanzendickicht leuchten. Ab und an auch Industriebetriebe, pastellfarbene Plattenbauten, kurz vor Loket wunderschön am Fluss gelegene Datschen: Allein diese Fahrt ist den Ausflug schon wert. Bahnfreunde werden sich zudem über die verschiedenen Zugtypen freuen, mit denen sie unterwegs sind.

Erster Rundgang in der Stadt
Wenn der Triebwagen der České dráhy nach stetem Quietschen dich am Bahnhof Loket ankommen lässt, siehst du beim Aussteigen gleich die wichtigste Attraktion: Zwischen den Bäumen lugt die Burg hindurch. Und schon nach wenigen hundert Metern bist du mitten in der Stadt: Vom Bahnhof die Straße bergauf, und in der Haarnadelkurve geradeaus die Masaryka entlang zum Markt.
Noch besser aber, du hälst dich nach einigen Schritten auf der Masaryka an der Pizzeria "Na Růžku" rechts und gehst die Kostelní hoch: Sofort umfängt dich das Flair, das Loket so gemütlich macht - die gepflasterten Gäßchen, die Häuschen, die am Hang kleben und Ruhe ausstrahlen. Kurz darauf bietet sich eine Pause an einem Eisladen an, und dann links die Treppen runter zum Markt! Genieße den Moment, in dem du erstmals volle Sicht auf den langgezogenen Platz hast!




Goethe war mehrfach da - und auch James Bond
Der Brunnen mit den Blumenrabatten, die herausgeputzten Bürgerhäuser, Hotels und Lokale - ein Idyll wie aus dem Buch. Kein Wunder, dass auch Johann Wolfgang von Goethe verzückt war, der ja ohnehin oft in Böhmen herumreiste. Immerhin 13 Mal war er hier, bis ihn … Na, das kriegst du selbst raus, warum seine Besuche plötzlich aufhörten. Beim Rundgang durchs Städtchen wirst du jedenfalls zur Genüge darauf verwiesen, dass der Dichter oft zu Gast war.
Begeistert waren aber auch die Macher vom James-Bond-Film Casino Royale: Sie drehten eine Szene, die im Film in Montenegro spielt, in Loket vor dem “Hotel Goethe”. Auch der Marktplatz ist dabei zu sehen. Übrigens steht die gesamte Altstadt unter Denkmalschutz.

Was gibt es am Markt? Pumpernickel!
Rund um den Markt finden sich einige Lokale. Am "Galerie Café" wird dich ein Schild zum Kauf von Elbogener Pumpernickel verlocken. Pumpernickel, das typisch deutsche Brot, hier in Böhmen? Wir sind verwundert, und was uns da angeboten wird, sind - Lebkuchen. Mit und ohne Glasur und wahlweise Nüssen, Ingwer oder Rum. Der Chef des Cafés klärt auf: Karl Schmelzer, der k.u.k-Hoflieferant war, produzierte die Lebkuchen. Sie trugen schon immer die Bezeichnung Pumpernickel. Nach 1945 musste der Betrieb schließen, mit den Deutschen und offenbar auch den Pumpernickel hatte man es hier nicht mehr so, aus Gründen ... Seit 2016 nun werden sie wieder produziert, hier im Café.


Was den Bummel rund ums Galerie-Café und den Marktplatz in Loket ebenfalls lohnt, sind die Schaufenster kleiner Lädchen.
Ein Stopp im Café lohnt sich auch für den Kuchen. Und wenn du kleine Läden liebst, in denen man stundenlang stöbern kann, dann musst du unbedingt in die Drogerie nur wenige Meter entfernt. Dieses Lädchen: Eine Wundertüte pur! So viele Waren platziert auf so wenigen Quadratmetern, Hut ab! Die Besitzerin nutzt wirklich jeden Winkel. Und vielleicht fühlst du dich wie wir an Zeiten erinnert, als es noch viel mehr von diesen Läden gab, wo kleines Spielzeug, Anhänger, Scherzartikel, Figuren und wunderbarer Tüddelkram in Vitrinen und Kisten nur darauf wartete, dass wir Kinder ihn entdeckten.
Die Burg
Die Burg Loket wird von vielen als spektakulär beschrieben. Von unten wirkt sie gar nicht so groß, doch sie ist ein Raumwunder mit etlichen großen Sälen. Und sie zeigt, wie kreativ wir Menschen sind im Schaffen von Schönem - und Schrecklichem.
Die Porzellanausstellung solltest du sehen, auch wenn dich Kännchen und Tässchen sonst eher langweilen. Tintenfässer, Porzellanpfeifen, sogar Puppenbetten werden hier präsentiert, denn in und um Loket hatten sich im 19. und 20. Jahrhundert einst mehrere Fabriken angesiedelt. Heute zählt der Ort zur Porzellanstraße, die vom Fichtelgebirge bis in den tschechischen Kaiserwald führt. Phänomenale Ausstellungsstücke - doch leider erfährt man fast nichts über die Fabriken und die Menschen, die diese Kunstwerke einst produzierten.





Die Burg, von der einzelne Trakte aus dem 13. Jahrhundert stammen, beeindruckt mit einer Porzellanschau und unverfälschtem Flair.
Ebenfalls ins Staunen bringen könnten dich die knorrigen, schön bemalten Bauernschränke aus der Region. Egerländer Volkskunst at its best! Auch historische Feuerwaffen werden auf der Burg präsentiert, wiederentdeckte gotische Wandmalereien sowie die Überbleibsel eines Meteoriten (für den interessierte sich natürlich ganz klar auch Freiherr von Goethe).
Am Schluss führt dich der Rundgang in einen Folterkeller, wo Puppen und Zubehör demonstrieren, wie das mit dem Waterboarding denn nun funktioniert und dem spanischen Stuhl. Das Stöhnen und Jammern vom Band hörst du sicher schon vorher. Gruselfaktor: Geht so. Bedrückend ist eher der Fakt, wie viel sich Menschen einfallen ließen und lassen, um andere zu quälen.

Wandern rund um Loket - zum Hans-Heiling-Felsen
Genug von der Stadt, am nächsten Morgen geht’s raus zum Wandern! Unsere Tour findest du wie immer bei komoot und auch am Ende dieses Artikels. Von Loket führen Wanderwege z.B. nach Karlsbad oder ins Naturreservat Glatzener Moor (Kladske raseliny). Wir hingegen bleiben stadtnah, erkunden die Flusslandschaft der Eger und suchen nach schönen Ausblicken auf Loket.


Besonders faszinierend auf unserem Rundweg: Die markante Granitformation der Hans-Heiling-Felsen (Svatošské skály), die uns entfernt an die Felsnadeln und Sandsteingebilde der Sächsischen Schweiz erinnert. Die Gesteine haben große Geister zum Schreiben und Komponieren inspiriert: Theodor Körner etwa, die Brüder Grimm oder den Komponisten Heinrich Marschner. Und bevor du fragst: Na klar war auch Goethe hier :-). Die Felsengruppe war bereits Mitte des 19.Jahrhunderts Ausflugsziel für Karlsbader Kurgäste und ist mittlerweile ein Naturdenkmal.

Laut einer Sage hat eine Fee den Hochzeitszug von Hans Heiling zu Stein verwandelt. Heiling heißt im Tschechischen übrigens Jan Svatoš - und im gleichnamigen, gemütlichen Gartenlokal direkt gegenüber der Felsen kannst du dich stärken. Sehr lecker und typisch für die Region ist Kulajda: Eine Suppe mit Waldpilzen, Eiern und Dill, die nicht nur im Böhmerwald gern zubereitet und gegessen wird!
Was du noch in Loket sehen solltest
Den Schwarzen Turm: Den hast du sicher schon erblickt, wenn du vom Bahnhof über die Masaryka zum Markt gelaufen bist. Er ermöglicht einen schönen Blick über die Stadt, ist aber nicht immer geöffnet (Juli/August täglich 9.30 - 17.30, sonst nur an den Wochenenden 11-16 Uhr).
Die Familienbrauerei "Svatý Florian": Sie liegt am Ende des Marktplatzes nahe der großen Brücke über die Eger und hat auch einen großen Garten. Hier und im gemütlichen Kellergewölbe werden leckeres Helles ausgeschenkt, dunkles und rotes Bier, sogar Rauchbier. Seit 2006 wird hier wieder gebraut, wobei Loket seit 1352 das Braurecht hat. Es gibt einen Kellerraum mit Bierflaschensammlung (sehr hübsch hergerichtet) und auch ein Brauereimuseum, wo du flüssige Mitbringsel kaufen kannst.
Die Galerie an den Wänden (Galerie na Hrádbach): An der Burgbefestigung nahe der Hauptbrücke, wo ein Weg hinunter zum Fluss führt, entdeckten wir an den dicken Mauern Fotos und daneben Erklärungen. Eine Galerie quasi unter freiem Himmel, neben alten verwachsenen Bäumen: Eine schöne Idee, die gut zum mittelalterlichen Loket passt. Je weiter du zur Eger hinabläufst, desto mehr Fotos erblickst du. Aktuell (Stand September 2025) kannst du hier Arbeiten von Jindřich Štreit und Josef Mlejnek sehen.
Die Goethe-Aussicht: Das ist das letzte Mal, dass wir den großen deutschen Dichter hier erwähnen, versprochen ;-). Die Aussicht findest du auf einer Veranda im Hof vom Hotel "Weißen Roß" am Markt. Von hier hast du einen interessanten Blick auf die Eger und die gegenüberliegenden Flusshänge.